„Das größte Lebenshindernis ist die Erwartung: Abhängig vom
Morgen, verliert sie das Heute..“ (Seneca)
BEREIT FÜR DIE STOA?
Was ist die Stoa?
Die Stoa ist eine Lebensphilosophie
Die Philosophie der Stoa begann als Suche nach einem sinnerfüllten gelungenen Leben, als ihr Begründer, Zenon von Kition, um 300 v. Chr. in einer Säulenhalle (der „Stoa“ /Στοά) auf dem Marktplatz von Athen seine Lehrtätigkeit aufnahm. Seine Grunderkenntnis war, dass das Lebensglück nicht von Reichtum oder Ruhm abhängt, sondern von der inneren Einstellung zum Leben und einem ausgeglichenen Seelenzustand. Nach seiner Erfahrung besitzen viele Dinge, um die wir uns in unserem Alltag permanent sorgen, nur einen relativen Wert und sind für das Gelingen des Lebens nicht entscheidend. Reichtum, Gesundheit und Reputation sind bestenfalls Vorteile oder Chancen, aber nicht aus sich selbst heraus gute Dinge. Dabei geht es in seiner Philosophie nicht darum, einen Zustand der Vergeistigung zu erreichen, bei dem man Gesundheit, Besitz und anderes hinter sich lassen kann. Vielmehr sollen wir durch die Erkenntnis, dass diese Dinge nur einen relativen Wert besitzen, besser mit ihnen umgehen lernen. Für Stoiker besteht das wahre Ziel des Lebens also nicht darin, so viele äußerliche Vorteile wie möglich zu ergattern, sondern das, was uns gegeben ist, so klug wie möglich zu nutzen. Insofern stehen im Zentrum der stoischen Philosophie zwei erstaunliche Aussagen:
- Lebensglück ist eine Frage der Perspektive. Eine tiefe Zufriedenheit mit dem Leben resultiert nur aus der richtigen inneren Einstellung. Diese entsteht durch ein Leben im Einklang mit den eigenen Werten und einem tugendhaften Verhalten gegenüber den Mitmenschen. Keine Rolle spielen dabei äußerliche Dinge wie Vermögen oder sozialer Status.
- Lebensglück ist eine Frage der Übung. Denn tatsächlich kann man die richtige Einstellung zum Leben nicht erlenen, man muss sie einüben – und zwar täglich. Eine stoische Haltung lässt sich durch verschiedene philosophische Übungen antrainieren. Dies fördert ein ruhiges, ausgeglichenes Wesen, das mit allen Widrigkeiten des Lebens fertig wird und zu innerer Zufriedenheit führt.
Die Stoa vermittelt eine Haltung zum Leben
Die Grundfragen der Stoa sind ethischer Natur. Aber es geht dabei weniger um Moral, also um Richtig oder Falsch. Die Stoa formuliert auch keine Absolutheitsansprüche, wie dies Religionen oder Ideologien tun. Der Stoizismus hatte nie die Absicht, eine Doktrin zu sein. Die Stoa hat auch keine Gurus oder geistigen Führer hervorgebracht, sie fordert keinen unbedingten „Glauben“. Sie begründet vielmehr eine Lebensart und vermittelt dazu eine innere Haltung (die durch verschiedene philosophische Übungen erlangt wird) – eine Haltung gegenüber sich selbst, gegenüber den Mitmenschen und der gesamten (Um-) Welt. Sie verzichtet in ihrer Lehre auf endgültige Gewissheiten – es gibt nicht so etwas wie „die zehn Gebote“ der Stoa – und gibt einem lieber praktische Werkzeuge an die Hand, um eigene Erkenntnisse zu gewinnen und sich selbst auszuprobieren. (Seneca soll von sich gesagt haben, er sei kein Arzt, der Lösungen und Heilmittel verschreibe, sondern ein Patient, der anderen Patienten im selben Krankenhaus seinen Behandlungsprozess beschreibe.) Daher hat die Stoa auch nicht den Anspruch, auf alle unsere Fragen (Detail-) Antworten parat zu haben. Sie lässt Raum für eigene Erfahrungen und ermöglicht daher Orientierung. Die Lehre der Stoa fordert uns heraus. Aber sie fordert keine Perfektion, sondern unser Bemühen um das Bestmögliche, wenn wir uns auf sie einlassen.
Der große Gewinn einer Beschäftigung mit der Stoa ist für uns: Sie ermöglicht Perspektivwechsel, die den Blick auf unser Leben verändern. Ihre Anleitung mit praktischen Übungen versetzt uns in die Lage, die Dinge in einem anderen Licht zu sehen. Denn das „Geheimnis“ eines glücklichen Lebens liegt nicht darin, die eigenen Lebensumstände ständig zu verbessern, sondern das was wir bereits haben, mehr wertzuschätzen. Wenn wir unser Leben mit den Augen der Stoiker betrachten, vermögen wir nicht nur die äußeren Begrenzungen zu sehen, die uns unser Alltag mit seinen Routinen und Anforderungen auferlegt, sondern die darin liegenden Spielräume. Mit Hilfe der Stoa können wir nicht nur unsere inneren Beschränkungen erkennen, denen wir durch unsere menschliche Unvollkommenheit unterworfen sind, sondern das Potenzial, das in uns ruht. Ein solcher Perspektivwechsel fällt selten leicht – insofern ist das Praktizieren der Stoa eine tägliche Herausforderung – aber lohnend!
Die Stoa ist auf die Bewältigung des alltäglichen Lebens ausgerichtet
Heute ist die „Philosophie“ eine eher akademische Disziplin und das Philosophieren erscheint als abgehobener Diskurs unter Gelehrten. Die Philosophie der Stoa war dagegen immer schon – wie die meisten antiken Philosophien – auf die Bewältigung des alltäglichen Lebens ausgerichtet. Sie leistet einen Beitrag dazu, ein besseres Leben zu führen und ein besserer Mensch werden zu können – jeden Tag. Dabei hilft die Stoa zunächst dabei, uns vorrangig auf das Wichtige im Leben zu konzentrieren, und nicht zu viel Kraft zu vergeuden bei der Beschäftigung mit Dingen, die wir gar nicht beeinflussen können. Die Stoa stärkt den Fokus auf das, was wir selbst in der Hand haben.
Die wesentliche Aufgabe im Leben besteht darin, die Dinge zu erkennen und voneinander zu unterscheiden, um mir klar machen zu können, über welche äußeren Umstände ich keine Macht habe, und welche von Entscheidungen abhängen, die in meiner Macht stehen. Wo finde ich dann das Gute oder Böse? Nicht in den Dingen, die nicht in meiner Macht stehen, sondern in mir selbst, in den Entscheidungen, die ich treffe …” (Epiktet)
Wenn wir also unser Leben darauf fokussieren wollen, was wir selbst beeinflussen können, dann fangen wir am besten bei uns selbst an – bei unseren Ansichten und Einstellungen. Die Stoa gibt Anleitung für eine Grundhaltung, mit der wir den Herausforderungen des täglichen Lebens – und auch einigen Stürmen – begegnen können – mit unerschütterlicher Ruhe und innerer Ausgeglichenheit. Um dies zu erreichen, bietet die Stoa kein Heilsversprechen, sondern eine ganze Palette von Übungen an – als eine praktische Unterstützung für den Alltag. Dabei ist die Stoa und der Stoizismus mehr als nur eine Technik und bietet mehr als bloße Entspannungsübungen für den gestressten Manager – sie ist eine Lebensweise!